Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung heute?
Christophe Lainé: Wenn wir über nachhaltige Entwicklung sprechen, bezieht sich das oft auf strukturelle Praktiken, die ein Stück weit ausserhalb der individuellen Verantwortung liegen. Aber alles ist miteinander verbunden. Deshalb spreche ich lieber von der nachhaltigen Entwicklung der Menschheit – einem Konzept, das uns an das Individuum zurückführt und uns dazu anregt, über die Entscheidungsgrundlagen jedes Einzelnen nachzudenken.
Für mich bedeutet dies, dass nicht nur wirtschaftliche Strukturen verändert werden müssen, sondern auch unsere Lebensweisen. Um dies zu erreichen, konzentrieren sich die grossen Hebel auf drei Schlüsselbegriffe: Ressourcenschonung, Effizienz und Dekarbonisierung.
Aus persönlicher Sicht bin ich überzeugt, dass die nachhaltige Entwicklung der Menschheit mit einer Verlangsamung des Bevölkerungswachstums und einer gerechteren Verteilung des Wohlstands einhergehen muss.
Welche Rolle kann das Ingenieurwesen in Bezug auf Klima und Biodiversität übernehmen?
Christophe Lainé: Das Ingenieurwesen spielt eine Schlüsselrolle in den drei Bereichen Ressourcenschonung, Effizienz und Dekarbonisierung.
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Ressourcenschonung: Dies bedeutet, Lösungen zu entwickeln, die weniger Ressourcen verbrauchen. Dazu gehört der Aufbau zirkulärer Systeme, die die Wiederverwendung von Materialien maximieren, sowie das Mitdenken des Lebenszyklus von Projekten bereits in der Planungsphase. Ein besserer Umgang mit Wasser, etwa durch Wiederverwendung, ist ein Beispiel, um den Entnahmebedarf aus natürlichen Ökosystemen zu minimieren.
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Effizienz: Hier geht es darum, die gesamte Wertschöpfungskette in den Planungsprozess einzubeziehen. Dank moderner digitaler Werkzeuge können Ingenieure den Betrieb von Bauwerken überwachen, den Energieverbrauch optimieren und die Bedürfnisse der Nutzer möglichst genau erfüllen. Das ist heute bereits bei Gebäuden der Fall; die Herausforderung besteht darin, diese systemischen Ansätze auf Städte oder ganze Regionen auszuweiten.
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Dekarbonisierung: Dieser Bereich zielt darauf ab, fossile Energiequellen wie Kohle oder Gas schrittweise durch erneuerbare Alternativen zu ersetzen. Dies betrifft nicht nur die Energieproduktion, sondern auch industrielle Fertigungsprozesse und die Materialwahl im Bauwesen.